Armut 2022

Zum Armutsbericht 2022 des Paritätischen Gesamtverbandes

09.07.2022

von Tom Seeauge

Obwohl das Bruttoinlandsprodukt 2021 mit 3,6 Billionen Euro um immerhin 2,9 Prozent und damit um rund 100 Milliarden Euro über dem Vor-Corona-Stand von 2019 lag, stieg die Armut in der BRD im zweiten Jahr der Pandemie erneut auf eine traurige Rekordmarke.

Nach dem neuesten Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbandes mussten 2021 rund 13,8 Millionen Menschen, das sind 16,6 Prozent der Bevölkerung, zu den Einkommensarmen gerechnet werden. Noch nie wurde auf der Datenbasis des Mikrozensus eine höhere Armutsquote für das Bundesgebiet gemessen.

Dabei wird in der EU nicht mit einem sogenannten absoluten Armutsbegriff gearbeitet, der Armut an existenziellen Notlagen wie Obdachlosigkeit oder Nahrungsmangel festmacht, sondern Armut wird in jedem Land als relative Armut definiert. Arm sind demnach alle, die über so geringe Mittel verfügen, „dass sie von der Lebensweise ausgeschlossen sind, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie leben, als Minimum annehmbar ist“, wie es im entsprechenden Kommissionsbericht heißt.

Dieser EU-Konvention folgend zählt auch der Paritätische Gesamtverband jede Person als einkommensarm, die mit ihrem Einkommen unter 60 Prozent des mittleren Einkommens liegt. Dabei handelt es sich um das gesamte Nettoeinkommen des Haushaltes inklusive Wohngeld, Kindergeld, Kinderzuschlag, anderer Transferleistungen oder sonstiger Zuwendungen.

Konkret in Euro lag der so ermittelte Wert 2021, den die amtliche Statistik als Armutsgefährdungsschwelle bezeichnet, für Singles bei 1.148 Euro, für Alleinerziehende mit einem kleinen Kind bei 1.492 Euro und für einen Paarhaushalt mit zwei kleinen Kindern bei 2.410 Euro.

Vom Risiko, in Armut abzurutschen sind vor allem Haushalte mit drei und mehr Kindern (31,6 Prozent) sowie Alleinerziehende (41,6 Prozent) betroffen.

Aber vor allem Kinder und Jugendliche sind arm. Mit 20,8 Prozent erreichte die Armut in dieser Gruppe eine neue traurige Rekordmarke. Das Gleiche gilt für ältere Menschen (17,4 Prozent) und Rentner (17,9 Prozent), wobei vor allem Frauen betroffen sind.

Schaut man sich die regionalen Zahlen an, muss man feststellen, dass das Ruhrgebiet mit einer Armutsquote von 21,1 Prozent und einer “Hartz-IV-Quote” von 14,4 Prozent die von Armut am stärksten betroffene Region in der BRD ist.

Die Armutsquote in der BRD insgesamt lag 2021 bei 16,6 Prozent, mit einem mehr oder weiniger stetigen Anstieg seit 2005 (14,6 Prozent). Die geringste Quote wurde 2006 mit 14,0 Prozent errechnet.

Der Unterschied in der Armutsquote zwischen Ost- und Westdeutschland hat sich über die Jahre angeglichen. Betrug sie 2005 noch 20,4 Prozent im Osten und 13,2 Prozent im Westen der BRD, ist die Differenz 2021 “nur noch” 1,6 Prozent (17,9 Prozent im Osten und 16,3 Prozent im Westen).

In Brandenburg liegt die Armutsquote 2021 bei 14,5 Prozent und damit unter dem Bundesdurchschnitt. Sie verringerte sich sogar leicht in den vergangenen Jahren. Dieser Trend dürfte sich im Zuge der Kriegs- und Sanktionspolitik der Bundesregierung wieder umkehren, wenn tausende Werktätige in der Erdöl- und davon abhängigen Industrie in den nächsten Jahren die Folgen dieser Politik direkt zu spüren bekommen und alle anderen über die weiter steigende Inflation. Unsere nach Brandenburg und Potsdam zugereisten Promis, wie Kanzler und Außenministerin, werden dabei die Folgen ihrer sinnlosen Politik am wenigsten im Geldbeutel spüren.

Das in der Krise die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander geht, zeigen auch Zahlen der französischen Unternehmensberatung “Capgemini”. Die zehn reichsten Deutschen konnten ihr Vermögen in den beiden letzten Jahren um rund 35 Prozent auf 242 Milliarden US-Dollar steigern. Das sind 62,7 Milliarden mehr als noch im Februar 2019.

Wo das Geld herkommt? Die Frage können die Werktätigen, ALG2-Bezieher, Studenten und Rentner beantworten, wenn sie am Monatsende ihren Kontoauszug lesen.

Die Reichen werden nicht nur reicher, sondern auch zahlreicher, sie, die Millionäre, sind im vergangenen Jahr in der BRD um rund 100.000 gewachsen.

Für uns Kommunistinnen und Kommunisten Grund genug den Klassenkampf aufzunehmen.

Zum Thema Arbeiterklasse und den Aufgaben der Kommunisten referierte der Vorsitzende der DKP Patrik Köbele auf der Parteivorstandstagung Ende Juni.