Städtpartnerschaft

Freundschaft in schweren Zeiten

01.11.2023

von Tom Seeauge

Deutsch-russische Städtepartnerschaften stören die Heimatfront. In Brandenburg an der Havel „ruht“ die Partnerschaft. Es regt sich aber Widerstand. In Potsdam geht man andere Wege.

Seit dem 27. April 1989 besteht zwischen Magnitogorsk in Russland (damals Sowjetunion) und Brandenburg an der Havel eine Städtepartnerschaft. Magnitogorsk ist, wie es Brandenburg einmal war, eine „Stahlstadt“ im Südural an der Grenze zwischen Europa und Asien. In Magnitogorsk leben etwa 400.000 Menschen.

Aktuell gibt es 101 deutsch-russische Städtepartnerschaften sowie regionale Partnerschaften (Stand Juni 2023). Nach der, durch die Ampel-Regierung, im vergangenen Jahr eingeläuteten „Zeitenwende“ wurden allerdings zahlreiche deutsch-russische Partnerschaftsprojekte ausgesetzt, auch in Brandenburg an der Havel.

Auf der Webseite der Stadt erfährt man: „Zurzeit werden keine städtepartnerschaftlichen Projekte mit Magnitogorsk weitergeführt oder bestehende Projekte ausgebaut beziehungsweise neue Projekte initiiert. Die Darstellung des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, wie sie Magnitogorsk schildert, ist für die Stadtverwaltung Brandenburg an der Havel nicht vertretbar.“

Natürlich, wer eine andere als die staatlich verordnete Sichtweise auf den Krieg in der Ukraine (oder auch aktuell zum Krieg in Palästina) hat, wird sanktioniert, ausgegrenzt und bestraft. Um in diesen Zeiten die Heimatfront zu schließen, sollen Kontakte zum Feind reduziert, Freundschaften abgebrochen und überhaupt alles Russische verdammt werden. Für Versuche der Völkerverständigung und des friedlichen Austauschs ist kein Platz mehr vorgesehen. Sie stören bei der Eskalation des NATO-Stellvertreterkrieges gegen Russland und bei der Entgrenzung des deutschen Aufrüstungswahns.

Doch es regt sich Widerstand. Laut UZ (Unsere Zeit – Zeitung der DKP) vom 15.09.23 haben im Juni dieses Jahres mehr als 100 Brandenburgerinnen und Brandenburger einen offenen Brief an die Einwohnerschaft von Magnitogorsk unterzeichnet. Darin erklärten sie ihren Willen und die Bereitschaft, „die langjährige Städtepartnerschaft nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern zu stärken und als Mittel für Frieden und Völkerverständigung zu nutzen“, wie die Initiatoren Gunnar Lehmann von der Basisorganisation „Dom“ der Linkspartei und Dominik Mikhalkevich vom Bündnis für Frieden Brandenburg in einer gemeinsamen Pressemitteilung erklärten. „Eine echte Freundschaft zeichnet sich gerade dadurch aus, dass sie nicht nur in guten, sondern auch in schweren Zeiten fortbesteht“, hieß es in dem Brief.

Wenige Wochen später erhielten die Brandenburger Antwort aus Magnitogorsk, unterzeichnet vom stellvertretenden Bürgermeister: „Unser starkes Bündnis ist Bestandteil unserer gemeinsamen Geschichte, unserer Gegenwart und Zukunft. Es ist auch ein Beweis dafür, dass Solidarität, gegenseitiges Verständnis und Frieden zwischen den Völkern selbst in schwierigen Zeiten nicht erschüttert werden können. Wir sind unglaublich froh, dass zahlreiche Einwohner von Brandenburg an der Havel unsere Position teilen.“ Der Fortbestand der Städtepartnerschaft scheitere nicht an der russischen Seite, resümieren Lehmann und Mikhalkevich. Sie forderten die Brandenburger Stadtverwaltung auf, „ihren Teil zur Aufrechterhaltung freundschaftlicher Beziehungen“ mit Magnitogorsk beizutragen.

Ob die Beamten diesem Wunsch nachkommen, bleibt abzuwarten. Jetzt schon haben die Einwohner von Brandenburg bewiesen, dass Städtepartnerschaften mehr leisten können als Folklore und Delegationsreisen – wenn sie nicht allein den Behörden überlassen werden.

Die Landeshauptstadt Potsdam dagegen hat im April dieses Jahres eine Städtepartnerschaft mit der westukrainischen Stadt Iwano-Frankiwsk besiegelt. Natürlich stimmt auch Potsdams OB Schubert (SPD) in den Chor derjenigen ein, für die die Ukraine auch unsere Freiheit und Werte gegen Russland verteidigt.

Die Potsdamer Stadtoberen haben auch kein Problem damit, dass der Bürgermeister der neuen Partnerstadt Mitglied der Swoboda-Partei ist. Diese ist bekanntermaßen eine rechtsradikale und nationalistische Partei, die ihren Ursprung in der Organisation ukrainischer Nationalisten (OUN) sieht. Die OUN hat sich im Zweiten Weltkrieg an der Seite der faschistischen deutschen Wehrmacht am Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion beteiligt. Die Swoboda-Partei verehrt natürlich auch den ukrainischen Faschistenführer Bandera, von dem es in der neuen Potsdamer Partnerstadt ein Denkmal gibt. Eine Städtepartnerschaft zwischen Potsdam und einer Stadt in Russland gibt es nicht.

Druschba heißt Freundschaft.